Frage: Wir haben einen ernsten Konflikt mit einer Auszubildenden. Sie beruft sich auf einen einschlägigen Tarifvertrag und möchte erreichen, dass wir ihre Fahrtkosten zur Berufsschule übernehmen. Im Tarifvertrag selbst steht, dass die Kosten für den Besuch der Berufsschule grundsätzlich der Auszubildende trägt. Und jetzt kommt es: „Veranlasst der Ausbildungsbetrieb den Besuch einer auswärtigen Berufsschule, dann hat dieser die dadurch entstehenden Kosten zu tragen.“
Aufgrund dieser Formulierung möchte unsere Auszubildende die Kosten für den Besuch der Berufsschule ersetzt haben. Mittlerweile geht es um ein paar Hundert Euro, da sich die Schule in 20 km Entfernung befindet. Ist sie im Recht?
Antwort: Die Formulierung im Tarifvertrag ist in der Tat etwas ungünstig. Der Knackpunkt liegt im Wort „veranlasst“. Ich vermute, Sie haben diese Auszubildende bei der Berufsschule angemeldet. Damit stellt sich die Frage, ob Sie den Berufsschulbesuch in einer auswärtigen Berufsschule (in 20 km Entfernung) in diesem rechtlichen Sinne veranlasst haben.
Bei dieser Frage hilft Ihnen ein Gerichtsurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das schon einige Jahre alt, aber immer noch gültig ist (3 AZR 473/08 vom 22.12.2009). Eine Auszubildende wollte die Fahrtkosten zur Berufsschule erstattet haben. Es ging um 345 € zuzüglich Zinsen. Auch in dem Fall fand sich im Tarifvertrag das Wort „veranlasst“. Ihre Argumentation:
Der Ausbildungsbetrieb habe sie schließlich bei der Berufsschule angemeldet. Daher sei der Berufsschulbesuch nicht durch sie, sondern durch den Betrieb veranlasst worden. Außerdem liege die Berufsschule nicht im selben Ort, könne also als auswärtig bezeichnet werden. Insofern seien alle Voraussetzungen für eine Zahlungsverpflichtung erfüllt.
Damals hat das BAG eine Grenzlinie gezogen, von der Sie heute profitieren. Es argumentierte folgendermaßen:
Das bedeutet für Sie: Sie müssen die Fahrtkosten zur Berufsschule nicht übernehmen. Lediglich, wenn ein Ausbildungsbetrieb darauf besteht, dass der Azubi in einer anderen Schule ausgebildet wird, als es die staatliche Zuordnung vorsieht – zum Beispiel in einer privaten Berufsschule –, kann eine Forderung nach Erstattung der Fahrtkosten rechtens sein. Ansonsten gilt grundsätzlich: Der Ausbildungsbetrieb trägt die Kosten für die betriebliche Ausbildung, nicht aber für die schulische.