Es ist gar nicht so einfach, Leistungen objektiv zu beurteilen. Im Gegenteil: Es gibt viele Möglichkeiten, dabei Fehler zu machen. Jeder Ausbilder, der einen Azubi beurteilen muss, sollte sich dessen bewusst sein und gezielt gegensteuern. Denn eine gerechte Beurteilung ist die Basis für eine erfolgreiche Ausbildung und eine gute Ausbilder-Azubi-Beziehung.
Allerdings stellt sich im Beurteilungsprozess das Problem, dass das Bewerten von Arbeiten, die der Azubi in einem Ausbildungsabschnitt durchgeführt hat, vielfach nur nebenbei erledigt wird. Manche Ausbilder neigen dazu, den Beurteilungsbogen auszufüllen, ohne sich wirklich Gedanken zu machen. Und sich Gedanken zu machen, reicht eigentlich noch nicht einmal, um gerecht zu beurteilen. Denn der Beurteilungsprozess will auch gut vorbereitet sein. Nur dann können die folgenden 5 Fehler erfolgreich vermieden werden:
Wenn sich ein Beurteiler oder Ausbilder erst am Ende eines Ausbildungsabschnitts mit den Leistungen eines Azubis, mit dem er beispielsweise 2 Monate zusammengearbeitet hat, beschäftigt, dann ist eine objektive Beurteilung kaum mehr möglich: Wer gerecht und erfolgreich beurteilen will, der stellt sich dieser Aufgabe ab Beginn eines Ausbildungsabschnitts – und nicht erst am Ende.
Schließlich muss klar sein, was eigentlich beurteilt wird. Außerdem müssen Sie eine geeignete Strategie haben, um Leistungen tatsächlich objektiv festzustellen. Aus meiner Sicht sind Beobachtungsphasen daher unerlässlich. Sie müssen einen Azubi in manchen Zeiträumen (nicht nur irgendwie nebenbei, sondern ganz gezielt) beobachten.
Beispiel: Sie legen grundsätzlich fest, dass Sie den Auszubildenden immer montags zwischen 10:00 und 12:00 Uhr und donnerstags zwischen 13:00 und 14:00 Uhr unter Beobachtung nehmen. Von diesen Zeiten weiß der Auszubildende natürlich nichts, und Sie sollten sich auch nicht anmerken lassen, dass eine Beobachtungsphase ansteht. Solche Zeiten können Sie natürlich – beispielsweise aus den oben genannten Gründen – verlegen oder vereinzelt ausfallen lassen. Wichtig ist nur: Sie schaffen sich durch ausreichende Beobachtung eine Basis, um den Azubi später objektiv beurteilen zu können.
Als Ausbilder sind Sie natürlich ein Mensch, der Gefühle hat und der von diesen beeinflusst wird. Sie kommen nicht mit jedem Auszubildenden gleichermaßen klar. Manch einer ist Ihnen besonders sympathisch, ein anderer möglicherweise überhaupt nicht. Dies darf das Urteil, das Sie später über den Auszubildenden fällen, jedoch in keiner Weise beeinflussen. So sollte es jedenfalls sein. Möglicherweise hat Sie die bisherige Praxis aber gelehrt: Das ist gar nicht so einfach.
Einen sehr sympathischen Auszubildenden, den Sie möglicherweise auch aus dem privaten Umfeld kennen, der jedoch ausgewiesene Schwächen hat, können Sie oft nur mit Überwindung gerecht und seinen Schwächen entsprechend beurteilen. Manch ein Ausbilder hat Angst, die gute Beziehung zu diesem Azubi zu belasten. Umgekehrt ist es ähnlich: Einen bestimmten Auszubildenden mögen Sie überhaupt nicht. Er ist Ihnen schon öfter negativ aufgefallen. Auch hier ist es eine besonders große Herausforderung, diesen Azubi – insbesondere bei guten Leistungen – gerecht zu beurteilen.
Sie spielen mit einem Ihrer Auszubildenden gemeinsam Fußball. Im Verein hat der Azubi ein besonders hohes Ansehen, da er zu den Leistungsträgern gehört. Allerdings ist er in Ihrem Ausbildungsumfeld, über das Sie eine Beurteilung abgeben müssen, keineswegs ein Leistungsträger. Das hohe Ansehen, das der Azubi als Fußballer genießt, wird ihm im Ausbildungsbetrieb nicht entgegengebracht. Unter diesen Umständen ist es sehr schwer für Sie als Ausbilder, ein gerechtes Urteil zu finden.